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notizen einer politischen

notizen einer politischen. meßner sagte, daß er manchmal träume, nicht mehr gipfel zu besteigen, sondern einfach zu laufen, bis ans ende der welt oder sein ende. du spreiztest den arsch, und es drückte nur, als ob du kacken müßtest, vielleicht warst du nicht leer genug. du hast dir nichts bewiesen, als daß du konventionen nicht sprengst. aber vielleicht ist dein g so komisch, weil du die hand an den hals legst, mit fingern in haare faßt, ich hatte mich nicht gewehrt. ich habe mich neben dir geborgen gefühlt, vor anderen, vor dir hatte ich angst. ich habe aufgeschrieben, daß, wenn ich tot bin, du es warst. „ich würde dir nie wirklich weh tun!“ ich glaubte dir. ich warf den zettel in den papierkorb. vielleicht durchwühlen sie ihn, töten mich, beschuldigen dich. das wollte ich nicht. und es begann deine erzählung über kinderheime, nie freunde, sehnsucht nach liebe, nicht fähig, noch nicht, „vielleicht kannst du helfen.“ die story ist gut, weil sie wahr ist, höflich fordert, dich zu nichts verpflichtet. aber sie war gut, weil sie mich ablenkte von treppen, die es in meinem leben nicht geben durfte, türen an denen ich vorbeistieg, und als ich auf dem dachboden kauerte, hatte ich noch mehr angst, weil ich angst gehabt hatte und nun einen grund brauchte, aufgestiegen zu sein, wieder hinabsteigen zu können, ich zog meine strumpfhose aus, stopfte sie in die jackentasche, es war warm, doch ich lief mir die füße wund. keiner hielt mich auf, keiner fragte. weil es nicht war! wahr war nur dein gesicht, „rein und klar!“ dachte ich und traute mir nicht mehr, mir zwischen die beine zu greifen, weil ich dich wollte. aber erst als ich dein gesicht blödsinnig sah, brutal, wieder engelhaft, begriff ich, warum ich dich brauche: du hattest das erste mal meinen arm berührt, als ich sagte, daß ich bestimmte beamte nicht mag. erinnerst du dich? ich weiß nicht, ob du verstandest, was ich sagte. aber daß ich menschen den tod wünschte, hatte dich gereizt. mich interessierte, warum. aber ich entschied mich noch nicht. entschieden habe ich mich im tunnel, in dem es dunkel war, zwischen zwei grauen stellen, über denen der mond schien. ein bach rauschte. ich fühlte mich wohl, als wäre es auch wegen dir. scheinwerfer blitzten, männer grölten. soldaten fuhren von einem grau zum anderen an uns vorüber. und dann sagte ich dir, daß ich nächtelang wachgelegen hatte, „ich lebe mein leben, du deins. manchmal will ich dich sehen.“ und er legte die hände um meinen hals und küßte mich. und als er meinen hals losließ, drohte ich: „zigeunerblut, messer ist scharf, wenn du ein spieler bist.“ aber ich verfluche dich nicht, dazu hätte ich dich hassen müssen. ich habe mich nur geschämt, und es belustigt mich, daß ich alles, was mich an dir störte, für verkrustungen hielt oder unwichtig. wir setzten uns nebeneinander. warteraum­umarmungen sind schwül. mir wurde übel. aber ich ging nicht. „wenn du so lange keine, spreiz ich die beine unter dem rock.“ hättest du ja gesagt, hätte ich dich verachtet. der zug kam pünktlich. die treppenhäuser haben gewöhnlich nur eine tür, doch fenster. waren fremde schritte, dachte ich daran, wo die feuerleiter ist oder das regenabflußrohr oder. meine phantasie wollte mir helfen: als der zug mit dir abgefahren war, begann ich mit dir zu leben. du hattest die kinder in die luft geworfen, und ich hatte keine angst gefühlt. es beruhigte mich. es wunderte mich, wenn ich dich traf, daß der mit dem ich täglich zusammen war, fast nichts von mir wußte. doch er verstand nicht, daß eine wie ich nicht bei rot über die straße gehen, nicht ohne fahrschein fahren darf, daß ich die kinder nicht wegen dir aufs dorf brachte, auch wenn es so scheinen mußte, aber ich verstand nicht - „weißt du noch, neben der bank die blumen“, sagte ich. „brennesseln!“ sagtest du, und als wir umkehrten, standen fünf blümchen zwischen brennesseln. die hatte ich nicht gesehn. als dein brief ankam, ärgerte ich mich, daß mich einer duzt, der mir fremd ist. ich war erschrocken, weil ich den, der angst hat, über mich nur sieger sein zu wollen, demütigen müßte. ich tat es nicht. ich lasse mich nicht in rollen zwingen! ich dachte nur: „hörst du denn nicht den trommler, der beharrlich in dir schlägt.“ daß er ihn zu mir führen müßte, bezweifelte ich nicht. auf der straße lagen ein paar federn, rot. ich vergaß es. in einer toreinfahrt lagen federn, blutig. ich vergaß auch das. ich kam da lang und erinnerte mich, sie gesehen zu haben. ich kam wieder dort lang. als ich mich der toreinfahrt näherte, wurde ich unruhig, „wenn ich noch einmal hier vorbeikäme, hätte ich fünf tote tauben gesehn.“ ich wurde mir lästig. ich hatte die macht über mich verloren, die macht geben kann über andere. ich hatte seinen dicken bauch gesehen, die kurzen beine, die pickligen schultern, doch als ich neben ihm lag, war ich ängstlich wie eine jungfrau, irgendwann flüsterte ich: „und wenn du einen buckel hättest.“ und dann verwandelte ich mich und war eine blüte, die weiß war, trotz aller männer­ge­schich­ten, ich lag unter ihm und war ganz weiß und eine blüte. das beeindruckte mich. ich hätte nachdenken müssen, als er den kopf von der dusche dreh­te, als er mir auf der straße in den rock griff, weil er fragte: „ich bin schweinisch, nicht wahr?“ ich aber empfand es als normal, wenn er den kaugummi in mein schamhaar drückte und auf ausgerissenen haaren weiter­ketschte. ‘das gehört also dazu’, dachte ich oder ich dachte nichts, verstehst du, ich war eine frau und er ein mann, dem es leid tat, daß meine spucke für seinen durst nicht reichte. „ich habe ein zärtliches gefühl für jede frau, für jeden mann, der völlig wehrlo“ sang es von der schallplatte, ich setzte den tonarm zurück, wieder zurück. und wenn die haustür quietschte, erschrak ich nicht mehr. die stimme beschützte mich. ich wartete auf dich. die schritte gingen vorüber. keiner trat gegen die tür, „aufmachen!“

ich hatte klingeln müssen, „sind sie die, die meiner tochter die ohrfeige?“ ich konnte das kennwort nicht sprechen. sie muß gesehen haben, daß ich entsetzt war. sie zog mich hinein. und als ich im sessel saß, sah ich mich um. bis mir einfiel, daß es besser ist, nichts gesehen zu haben. ich blickte zu boden. der war aus holz. „einen schnaps?“ fragte sie. ich schüttelte den kopf und hatte plötzlich das gefühl, daß ich das zimmer, das gesicht dieser frau, ihre stimme nicht vergessen würde können. ich war nicht entspannt genug. ich brauchte einen anderen grund für dieses herzklopfen, flimmern vor den augen als angst. er wohnte weit genug entfernt, mich nicht in versuchung bringen zu können, täglich zu ihm zu pilgern, falls es mir gelänge, mich zu verlieben. als er im bett „wahnsinn“ murmelte, war ich bestürzt. ich dachte, er will mich mit kompli­menten bezahlen. ich war eifersüchtig auf schlaf. als er zum abschied sagte: „auch wenn es ohne gefühl wäre, das hätte er nicht erlebt.“ blieb ich unruhig: es mußte nur eine unter ihm liegen, auf die er dreizehnmal lust in einer nacht hat, und er vergißt mich, dachte ich, es tat weh. ich war erleichtert, als mich tage später irgendein mann umarmte, und ich das ertrug. alltag würde von ihm mehr verlangen, als an einem abend kinder ins bett bringen oder wäsche schleudern. ich sah mich mit ihm um haushaltsgeld streiten. ich habe zu tun. ich habe keine lust, zwei mittagessen zu kochen, weil einer pamps mag, den ich nicht mag. ich mag männer nicht, die nach dem zähneputzen sirupwasser trinken, die dick werden und schoko­la­de nutschen. er wollte zu sich finden. alles schien sich zu verändern. keine post. ich schrieb trotzig „glück auf deinem weg.“ - „das nicht! aber. die leute. ich könnte verpflichtet.“ - „ich schließe keine rückversicherungs­verträge.“ - „ich bin dir zu dumm! so einer ist nichts für immer?“ fragte er. ich war nicht sicher, daß in der frage eitelkeit ist, schämte mich, dich benutzen zu wollen. ich hatte angst, dich zu verlieren; ich hatte andere verloren, „gut. wenn wir glücklich, laß ich mich binden“, dachte ich, sagte es nicht, wollte dich jäh überall umarmt haben, daß du dich überall erinnern wirst, ich schminkte mich, ich schnitt das haar kurz, daß du mir aus dem gesicht gestreichelt hattest, „habe noch nie eine frau so ange­sehn.“ ich mußte hier nicht zum friseur. wäre ich nicht neugierig gewesen, wärst du jetzt hier. ich könnte in luft starren, in luft streicheln, du wärst da. ich hatte vergessen, daß du dir bei mir das brot dick mit wurst belegtest, bei dir nicht. daß du briefe ankündigtest, die du nicht schriebst, bis ich unruhig anrief, „ich wußte, daß du nicht warten kannst.“ konntest du sagen, ich vergaß, daß du der bist, der angst hat, zu spät zur arbeit zu kommen, aber in meiner gegen­wart furzt. ich hatte rechtfertigung für diese vergeßlich­keit: du hattest dich entschuldigt für alles, das weh tun wird. du borgtest dir von einem freund schuhe, daß sie zu den hosen passen. du schwangst dich auf bäume, wir fuhren karussell. „wie eine familie“, sagtest du, kuß auf die wange, „so tun es ehemänner.“ - „aber das sind wir nicht.“ - „vielleicht doch.“ du zwangst mir die flasche an den mund, ich hatte gesagt: „tränke ich, wären wir auf immer verschworen.“ ich war deine frau geworden. du hattest angst vor verpflich­tungen. doch, wenn ich sagte: „ich bin deine frau“, fühlte ich mich zu nichts verpflichtet. ich hatte nur wissen wollen, was ich sagen will, wenn du dir ein kind von mir wünschst. ich lebte mich ein: „wieder hängebauch, schlaflose nächte, weh tat es, aber“ die kinder freuten sich, „werden wir sieben zwerge. der wird dick.“ ich umarmte sie beide, fuhr in die stadt zurück, stieg nicht aus. als ich in sein zimmer trat, sah ich: kein bild von den kindern an der wand. ein photo von ihm hing an der wand. ich konnte vierzehn stunden bleiben, er ging für zwei stunden fort, „stell dir vor, eine geschäfts­bespre­chung.“ ich wunderte mich, daß er mich nicht mitnahm. doch als er mich drückte, nach den kindern fragte, „keine andere war!“ sagte, „das habe ich nie verlangt“, sagte ich, fühlte ich mich geborgen. „ich will blut aus dir trinken.“ - „das zersetzt salzsäure.“ ich spreizte zögernd die beine. „ich will alles aus dir, nur dir“, hatte er gesagt, sagte: „stell dir vor, eine trampt in der stadt.“ ich zuckte die schultern. ich schlief allein im wald. doch stunden später glänzten seine augen, „kannst du dir vorstellen, eine trampt in der stadt.“ ich war verwirrt, daß er sich von einer beeindrucken lassen will, „die hat keine kinder“, sagte er, sein blick auf mich hatte begonnen, sich zu verzerren, als ich minutenlang schwieg, der wind zauste mir im haar, unterstellte er, daß ich abgestumpft durch alltag. ich bin ein graffity und mal mich grün und blau und find mich furchtbar schau im grau der welt, wenn ich lust habe, ein graffity zu sein, aber ich kann es nicht, wenn jemand neben mir clownsspiel erwartet. auf der straße sollte ich besser nicht auffallen. „du willst mich anders sehen, als ich bin.“ er wollte fort.

wenn ich mir sage, ich liebe den, der mich liebt, der mich hier nicht allein ließ, grinst etwas in mir über die, die lächerlich ist, mir wäre, wenn ich sie nicht verstände: sie mag nicht heldin einer geschichte sein, in der der mann angst vor der frau hat. die er gelegentlich braucht, deshalb log er, indem er verschwieg, „ich lag neben einer anderen, ich wollte sie nicht.“ hätte ich nicht weiter gefragt, scherzend weiter gefragt, glaubte ich noch immer die wichtigste frau in deinem leben zu sein. ich hatte mit beiden händen in deinen mund gegriffen, schultern gestemmt, „jetzt könntest du alles von mir verlangen.“ „du spielst nicht?“ - „ich bin zu glücklich.“ das unten war noch, wenn er schon weg war. wenn er auf dem klo war, tanzte ich. vor ihm nicht. der samen lief über die beine. die hand fing ihn auf, „so riechst du“, sagte ich. „mit dir vermengt“, sagte er. ich streichelte mir über die augen. „kann nicht einschlafen“, sagte ich. „nimm eine tablette, oder zwei“, sagte er, ich ohrfeigte ihn, lief nicht weg, er hatte sich eine frau „zum heiraten“ gesucht, ich hatte nur einen mann, um die angst vergessen zu können, gewollt, erinnerte ich mich. „einmal im monat brauche ich dich.“ ich wollte nicken. doch als er mich wollte, war ich eng. als ich mich lockerte, sah ich wieder in dein gesicht, das schmal wurde, die augen glänzten, du lebtest angestrengt, für mich, du hieltst dich zurück, ich schrie leise auf: den liebte ich. zu dem wäre ich gekommen. oder er wäre hier. ich hatte geweint. er sollte mich nicht verquollen sehen. „das bist doch auch du“, er hob meinen kopf, leckte die tränen von meinen augen. „versprich“, sagte ich, „sieh nach den kindern, falls mir“ - „würde ich sie bekommen?“ - „nein. aber trotzdem.“ er war stolz gewesen, als irgendwer ihn für den vater gehalten hatte. er hatte verlangt: „geh mit dem jungen zum arzt.“ ich hatte genickt. es beruhigte mich, daß einer für sie sorgen würde, der mich liebt. doch plötzlich sagte er, „nimm an, es geht um geschäftliches.“ ich blieb in der wohnung zurück. als er wiederkam, blieb ich verunsichert. er nimmt meine hand auf der straße, beobachtete ich, als stände er zu mir, ich erinnerte mich an männer, die mich nicht vergessen konnten, als könnte ich hexen, daß er mich nicht vergißt. ich sah, daß ein mann seine frau anguckte, wie er mich angesehen hatte. ich begegnete diesem blick. er brannte. ich senkte die augen, blickte auf, sah ihn an, bis wir kicherten, seine frau sah nur mich an, als kicherte ich wegen seinem grünen haar.

ich bezweifelte mein gefühl. doch er war der „wichtigste mann“ in meinem leben. ich war wieder unruhig, das war nicht gut. ich trat auf einen zu, „bist du so spannungsreich wie deine stimme?“ er nickte. „willst du dich von mir kennenlernen lassen?“ er nickte verlegen. ich ging verlegen weiter.

 

 


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